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So wie die Stimmen in einem guten Vocal-Ensemble müssen auch die Orgelpfeifen in eine musikalisch sinnvolle Ordnung gebracht werden. In Hinblick auf Klangfarbe, Klangstärke und Tonhöhe können Orgelpfeifen mit speziellen Werkzeugen bearbeitet werden, mit dem Ziel, einen edlen und sauberen Ton zu erzeugen. Diesen Vorgang nennt man Intonation. Ohne Intonation ist eine Orgel klanglich nicht brauchbar und damit als Musikinstrument wertlos.

Voraussetzungen für diese Arbeit sind neben handwerklichen Fähigkeiten, ein gutes Gehör und ein Gefühl für musikalische Ausgewogenheit. Die Bereitschaft über Wochen und Monate hinweg, weit entfernt vom eigentlichen Wohnort zu leben und zu arbeiten und sich dabei schnell auf ungewohnte Umstände und Regeln einzulassen.  

Eine größere Konzertorgel z.B. besitzt ca. 5000 Pfeifen in der Größe von wenigen Zentimetern bis mehreren Metern (6-10), die erst mit Beginn der Intonationsmontage in die Orgel eingebaut und klanglich bearbeitet werden. So füllt sich das Instrument und dessen Klangvolumen täglich ein wenig mehr, bis alle Pfeifen ihren Platz gefunden haben und man selbst als schlanker Mensch gerade noch Platz hat, die letzten Stimmungskorrekturen am oberen Pfeifenende durchzuführen. Die Intonation einer solchen Orgel dauert ca. 3 Monate und verlangt ein hohes Maß an körperlichem Einsatz und Konzentration auf die Tonqualität.

Meiner soliden Orgelbauerausbildung bei der Firma W. SAUER in Frankfurt(Oder)  folgten ab 1977 zwölf intensive Berufsjahre mit den Schwerpunkten Montageleitung, Orgelelektrik und Intonation. Seit 1990 arbeite ich als selbstständiger Intonateur in direktem Auftrag von Orgelbaufirmen, Konzerthäusern oder Kirchgemeinden. Vielen, zum Teil sehr bedeutenden Instrumenten im europäischen Raum konnte ich ihre klangliche Identität verleihen.

Voller Dankbarkeit erkenne ich nun den hohen Wert meiner Ausbildung an den Instrumenten Violine und Orgel in meiner Kindheit und Jugendzeit. Wichtig war auch die enge Verbindung meines Elternhauses zur Klosterkirchengemeinde in Cottbus und deren kirchenmusikalische Aktivitäten, mein Mitwirken in der dortigen Kinder- und Jugendkantorei und dem ökumenischen Oratorienchor unter Leitung von KMD Lothar Graap, meinem Orgellehrer. 

Wenn der Orgelklang den Raum zu Leben erweckt, ihn in Schwingung versetzt, so ist dies nicht nur hörbar, sondern auch körperlich zu spüren. Dieses Erlebnis ist mehr als nur ein physikalischer Vorgang, es ist ein ergreifendes Ereignis und der eigentliche Lohn meiner Arbeit.

 

Schuke-Orgel Gewandhaus zu Leipzig. Foto: Kristin Schmidt